Gesundheitsvorsorge reflektiert, selbstbestimmt und frühzeitig wahrnehmen

05. Oktober 2023

Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung: Im Rahmen der Vortragsreihe „Medizin im Dialog“ hat unser Chefarzt und ärztlicher Direktor PD Dr. med. Mathias Pfisterer am 4.10.23 einen Vortrag gehalten.

Im Rahmen der Vortragsreihe „Medizin im Dialog“ hat unser Chefarzt und ärztlicher Direktor PD Dr. med. Mathias Pfisterer am 4.10.23 einen Vortrag gehalten und ist mit den Besucher:innen in den Dialog getreten. Das Thema „Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung“ stieß auf offene Ohren. Es wurden zahlreiche Fragen zur Gesundheitsvorsorge und zum selbstbestimmten Handeln gestellt. Einen übersichtlichen Einstieg in die Thematik sowie wertvolle und konkrete Tipps zu erhalten wurden dankbar angenommen.

PD Dr. Pfisterer benannte zunächst die Problemlage: Die Angst, womöglich irgendwann entscheidungsunfähig zu sein, betrifft jeden von uns. Hinzu kommen Unsicherheiten, was medizinische Entscheidungen angeht, für beide Dokumente müssen die passenden Vorlagen gefunden werden und nicht zuletzt braucht es Zeit, um sich eingehend mit den individuellen Willenserklärungen auseinander zu setzen. „Das ist eine Herausforderung, jedoch sollten wir uns nicht nur für die Auswahl eines Sofas oder passender Fliesen für das Badezimmer Zeit nehmen, sondern umso mehr beim Erstellen unserer Vorsorge-Dokumente“, so PD Dr. Pfisterer.

Zu unterscheiden sind die Dokumente folgendermaßen: In der Vorsorgevollmacht halten wir fest, welche Person (oder Personen) wir bevollmächtigen, Entscheidungen bzgl. unserer Gesundheitsangelegenheiten zu treffen, wenn wir nicht mehr dazu in der Lage sind. In der Patientenverfügung schreiben wir auf, was wir für unsere eigene zukünftige Behandlung wollen, wenn wir uns dann nicht mehr bewusst mitteilen können.

Sich in der Familie bzw. im engsten Kreis zusammenzusetzen und offen über die Inhalte einer Patientenverfügung zu reden „Wie will ich es?“, „Was kann ich mir für mich vorstellen?“ sei am allerwichtigsten. Dem geht der Schritt voraus, sich mit der eigenen Endlichkeit zu beschäftigen, was für viele eine Hürde darstellt. Ist diese genommen, kann an den Formulierungen gefeilt werden. Eine Schwierigkeit dabei: Sie sollten nicht zu allgemein gewählt werden, aber trotzdem Spielraum lassen. So muss etwa „Ich will nicht lange leiden“ konkreter formuliert werden und man sollte sich fragen: Was heißt „lange“ und was heißt „leiden“ für mich persönlich? Man sollte genau reflektieren, was man möchte, was für einen selbst erträglich wäre und somit für sich selbst Verantwortung übernehmen und dies auch immer wieder neu hinterfragen. PD Dr. Pfisterer erklärte: „Aufsetzen kann man die Dokumente schon in jungen Jahren. Am besten nimmt man sich die Dokumente ca. alle zwei Jahre wieder vor - und nicht erst dreißig Jahre später - und prüft sie darauf, ob sie immer noch zu einem selbst passen.“

Auf der anderen Seite sollte man konkrete Zeitangaben vermeiden, wie etwa, dass z.B. das Zuführen von Nahrung über eine Sonde nach einer Woche beendet werden sollte. „Niemand von uns weiß, in welcher gesundheitlichen Situation wir einmal landen werden“, so PD Dr. Pfisterer. So gibt es Menschen, die künstlich ernährt werden, aber durchaus vital sind oder bei denen die medizinische Prognose womöglich positiv ausfällt. Hinzukommt, dass sich ein gesundheitlicher Zustand schnell ändern kann. Jemand, der sich gerade noch selbst gut versorgen konnte, kann durch das unglückliche Zusammenspiel verschiedener Umstände eine starke Verschlechterung der Gesundheit in kurzer Zeit erfahren; bis hin zur Entscheidungsunfähigkeit. Zwei Tage oder eine Woche später beispielsweise kann sich auch noch die Richtung ändern, in die es geht. Eine große Hilfe ist es, wenn Angehörige den Willen der jeweiligen Patientin bzw. des Patienten kennen bzw. als Bevollmächtigte:r eingesetzt wurden. Unerlässlich sind die Gespräche der Mediziner:innen mit den Angehörigen und das genaue Hinschauen bzgl. des Gesundheitszustandes der Patientin/des Patienten. PD Dr. med. Pfisterer erläuterte zudem das seit Januar 2023 geltende Ehegattennotvertretungsrecht. Ehegatten dürfen sich demnach gegenseitig bzgl. der Gesundheitsvorsorge vertreten, wenn ärztlich festgestellt wurde, dass die Voraussetzungen für das Notvertretungsrecht erfüllt sind. Quellen für die Vorlagen gibt es viele, z.B. die Webseite des Bundesministeriums für Justiz: www.bmj.de

PD Dr. Pfisterer gab den Besucher:innen den Rat mit auf den Weg: „Wenn Sie von jemandem bevollmächtigt wurden, dann nehmen Sie den Auftrag an. Das heißt auch, sich für den Willen der Person einzusetzen, was auch Kraft und Anstrengungen sowie Auseinandersetzungen kosten kann. Ziel ist es, dass zwischen ärztlichem Personal und der bevollmächtigten Person eine Einigung erzielt wird.“ 

Ein wichtiger Tipp: Für den Fall der Fälle sollte man einen Zettel im Geldbeutel haben, auf dem steht, wo man die Vorsorgevollmacht und die Patientenverfügung aufbewahrt, so dass diese schnell ausfindig gemacht werden können.