14. Dezember 2017
Mit dem Schilddrüsenzentrum steht hier am Haus das gesamte Spektrum zur Abklärung von Schilddrüsenerkrankungen und deren Behandlung zur Verfügung. Indem regelmäßige gemeinsame Besprechungen und Sprechstunden stattfinden, werden das Wissen und die Erfahrung von Chirurgen, Nuklearmedizinern, Endokrinologen, Onkologen und Pathologen gebündelt. Welche Krankheitsbilder und Behandlungsmöglichkeiten es bei Schilddrüsenerkrankungen gibt, erklärt PD Dr. med. Guido Woeste, Leiter des Schilddrüsenzentrums am AGAPLESION ELISABETHENSTIFT und Chefarzt der Allgemein- und Viszeralchirurgie:
Die Schilddrüse ist eine endokrine Drüse. Das bedeutet, sie gibt das von ihr gebildete Schilddrüsenhormon in die Blutbahn ab. Dieser Prozess unterliegt einem ausgeklügelten Regulationssystem des Körpers. Ist die Hormonproduktion oder seltener die Steuerung gestört, kommt es entweder zu einer Unterfunktion (Hypothyreose) oder Überfunktion (Hyperthyreose) der Schilddrüse. Die Symptome unterscheiden sich deutlich. Liegt eine Unterfunktion vor leidet der Patient unter: Müdigkeit, Frieren, Depressionen, Niedergeschlagenheit, Verstopfung, Gewichtszunahme und trockener Haut. Liegt dagegen eine Überfunktion vor, klagt der Betroffene über: Unruhe, Schwitzen, Schlafstörungen, Herzrasen, Haarausfall, Gewichtsabnahme und warme feuchte Haut.
Für eine Störung der Hormonproduktion mit einer Unterfunktion gibt es verschiedene Ursachen. Häufig liegt eine chronische Entzündung der Schilddrüse vor. Die Hashimoto-Thyreoiditis ist eine Autoimmunerkrankung, bei der vom Körper gebildete Antikörper das Schilddrüsengewebe zerstören. Auch extremer Jodmangel kann zu einer verminderten Produktion des Hormons führen.
Bei den meisten Fällen einer Überfunktion liegt eine Basedow Erkrankung oder eine Autonomie der Schilddrüse vor. Beim Morbus Basedow bildet der Körper Antikörper (TRAK), die die hormonbildenden Zellen stimulieren. Bei der funktionellen Autonomie produzieren einzelne Knoten der Schilddrüse (Autonome Adenome) oder die gesamte Schilddrüse Hormone außerhalb des normalen Regelkreislaufes. Mit einer Blutuntersuchung kann eine Über- beziehungsweise Unterfunktion schnell festgestellt werden.
Wann muss eine Schilddrüse operiert werden? Eine vergrößerte Schilddrüse wird „Struma“ oder umgangssprachlich „Kropf“ genannt. Die Vergrößerung allein sagt noch nichts über die Funktion aus. Die häufigste Ursache für eine Struma ist der Jodmangel. Dann versucht der Körper durch die Vergrößerung den Mangel auszugleichen.
Hat man eine vergrößerte Schilddrüse rät der Arzt zu einer Ultraschalluntersuchung und einer Szintigraphie. Diese Untersuchungen werden bei einem spezialisierten Nuklearmediziner oder Internisten durchgeführt. So können die Struktur des Gewebes beurteilt und, unabhängig von der Größe des Organs, Knoten im Schilddrüsengewebe festgestellt werden. Aufgrund der Beschaffenheit der Knoten in den Untersuchungen kann das veränderte Gewebe genauer beurteilt werden.
Bei größeren (über einem Zentimeter) oder verdächtigen Knoten kann zusätzlich eine Feinnadelpunktion des Knotens durchgeführt werden. Liegt in der Szintigraphie ein „kalter“ Knoten vor oder zeigt die Untersuchung der Gewebepunktion auffällige Zellen kann ein Schilddrüsenkrebs vorliegen. Liegt der Verdacht auf eine bösartige Entartung der Schilddrüse nach den Untersuchungen vor, ist eine Operation der Schilddrüse notwendig.
Insgesamt ist die Häufigkeit eines Schilddrüsenkarzinoms im Verglich zu anderen Krebsarten selten, so tritt es bei rund fünf von 100.000 Menschen pro Jahr auf. Zum Vergleich: Ein Darmkrebs wird bei etwa 40 bis 60 von 100.000 Menschen pro Jahr diagnostiziert.
Führt eine Struma beispielsweise zu Schluckstörungen oder Atembeschwerden, besteht ebenfalls eine Indikation zur Operation.
Bei einer Überfunktion im Rahmen einer Basedow Erkrankung kann eine operative Entfernung der Schilddrüse notwendig werden, falls die medikamentöse Therapie nicht anschlägt oder eine Struma mit Knoten vorliegt.
Ist die Notwendigkeit für eine Operation der Schilddrüse gegeben, wird zur Vorbereitung immer die Funktion der Stimmbänder überprüft. Das Risiko den Nerven, der die Stimmbandbewegung steuert, zu verletzen kann durch den Einsatz moderner Messgeräte während der Operation (Neuromonitoring) auf unter ein Prozent gesenkt werden. Es ist ebenfalls erwiesen, dass in spezialisierten Schilddrüsenzentren das Risiko einer Operation deutlich niedriger ist.
Nach der operativen Entfernung der gesamten oder Teile der Schilddrüse wird das Schilddrüsenhormon in Form von Tabletten ersetzt. Die wichtigste Vorsorgemaßnahme besteht in einer ausreichende Versorgung mit Jod. Der tägliche Bedarf hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie Alter und Umweltbelastung. Die empfohlene Jodzufuhr für einen Erwachsenen liegt bei etwa 200 Mikrogramm. Brot, Milch und Milchprodukte sowie Fisch und Meeresfrüchte enthalten viel Jod. Auch ein Verzicht auf Rauchen schont die Schilddrüse. Zigarettenrauch enthält Zyanid, das sie Jodaufnahme in die Schilddrüse hemmt.