01. Dezember 2023
Wie lange führen Sie solche Behandlungen schon durch?
Guido Hanisch: Wir sind auf Enddarmbehandlungen spezialisiert und ich verfüge über eine mehr als 25-jährige operative Erfahrung in diesem Bereich. Zusätzlich bin ich in meiner Funktion als Oberarzt in der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie am Agaplesion Elisabethenstift in einem spezialisierten Team um Prof. Dr. med. Guido Woeste im Darmzentrum eingebunden.
Was versteht man unter einer Fistel?
Guido Hanisch: Eine Fistel kann infolge eines Analabzesses (Eiteransammlung unter der Haut durch eingedrungene Bakterien) entstehen und sehr schmerzhaft und unangenehm sein. Meist äußern sich Fisteln dadurch, dass sie Sekret (Flüssigkeit) absondern und tastbare Verhärtungen im Gewebe bilden. Bakterien können durch kleine Einrisse in die Haut eindringen. Daher ist etwa bei der Rasur Vorsicht geboten: Kleine Verletzungen können der Auslöser für einen Abzess und schließlich für eine Fistel sein. Auch Veranlagung kann eine Rolle spielen. Zudem sind Männer öfter betroffen als Frauen. Von der äußeren Öffnung führt solch ein Fistel-Gang oft zum Enddarm oder zu einem Organ (Scheide, Harnblase). Es liegt dann also eine krankhafte Verbindung vor. Es gibt auch inkomplette Fisteln, die noch keine Verbindung zu einem anderen Organ oder der Haut gefunden haben. Fisteln stellen eine akute bis chronisch verlaufende schwere Erkrankung dar, insbesondere wenn sie komplexer Natur sind oder bei Patienten vorliegen, die eine Morbus Crohn Erkrankung haben. Verschiedene Arten der Fisteln sind Analfisteln, M. Crohn Fisteln, Recto-vaginale Fisteln, Rektum-Blasenfisteln und Steißbeinfisteln. Je nach diagnostiziertem Fistelverlauf kommt die geeignete OP-Methode zum Einsatz.
Wie sieht der Behandlungsablauf aus und wie lange dauert die Heilung?
Guido Hanisch: Nach einem Erstgespräch in der Praxis kann eine Prokto- und Rektoskopie und ggf. ein MRT zum Einsatz kommen, um die Diagnose zu stellen. Je nach Ausprägung der Fistel wird ein stationärer oder ambulanter OP-Termin festgesetzt. Anschließend ist die Nachsorge sehr wichtig: Patienten müssen wöchentlich zur Wundkontrolle bei uns vorstellig werden. Gut zu wissen: Die Heilungsrate nach den Fistelbehandlungen liegt bei 70-85 Prozent. Jedoch benötigen Patienten im Rahmen der Nachbehandlung der komplexen Fisteln, die oft Wochen andauert, viel Geduld. Eine gute Anbindung an das behandelnde Zentrum ist dann ganz entscheidend.
Welche Therapiemöglichkeiten gibt es?
Guido Hanisch: Zunächst einmal ist festzuhalten, dass das oberste Ziel bei der Fistelbehandlung ist, die Funktion des Schließmuskels, also die Kontinenz, zu erhalten. Die Therapie richtet sich nach dem Fistelverlauf (siehe Abbildung). Eine der Operationsmöglichkeiten ist das Schließmuskel-erhaltende Verfahren. Hierbei erfolgt eine Fistelexzision oder Fistelspaltung und ggf. ein Flap (Schleimhautlappen) zum Verschluss der inneren Öffnung. Eine andere OP-Methode ist die Fistelfreilegung mit einer Schließmuskelrekonstruktion. Es erfolgt eine Fistelexzision, eine Muskelrekonstruktion (Naht) und ein Flap zum Fistelverschluß. Eine weitere Methode ist die intermuskuläre Fistelexzision bei der die Fistelöffnung innen mit einem Metallclip (OTSC) oder Flap verschlossen wird. Die Fistelbehandlung mit Fistuloskopie erfolgt minimal-invasiv bei kleineren Fisteln.
Wie entsteht ein Sinus Pilonidalis?
Dieser ist Folge von aktiven Haarfolikeln in Hautfalten (eingewachsene Haarbüschel) insbesondere in der Rima ani vor allem bei jungen behaarten Männern. Die Therapie des unkomplizierten Sinus Pilonidalis (Steißbeinfistel) kann minimalinvasiv mittels Fistuloskopie und Fistelreinigung oder Picking ambulant in Lokalanästhesie durchgeführt werden. Dies ermöglicht dem Patienten eine sofortige Rückkehr in den Alltag ohne längere Ausfallzeiten. Die Therapie des komplizierten Sinus Pilonidalis erfolgt durch eine Entfernung der Fistel mit offener Wundheilung oder einer plastischen Deckung mit einem subkutanen Hautlappen (Limberg-Plastik)
Was ist bei der Fistel-Behandlung zu beachten?
Guido Hanisch: Die Fistelchirurgie ist sehr komplex und sollte durch einen erfahrenen Operateur in einem Zentrum erfolgen. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Urologie, Gastroenterologie, Gynäkologie und Radiologie trägt dazu bei, dass Patienten die bestmögliche Therapie erhalten können.